1. Entropie
Die Entropie, symbolisiert durch den Buchstaben S, ist eine fundamentale physikalische Größe, die unter anderem in der Thermodynamik, der statistischen Mechanik und der Informationstheorie eine zentrale Rolle spielt. Ihr Konzept wurde im Laufe der Zeit von verschiedenen Wissenschaftlern entwickelt und verfeinert und steht in direktem Zusammenhang mit den Konzepten Unordnung, Wahrscheinlichkeit und der ‚Richtung‘ physikalischer und chemischer Prozesse.
Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik besagt, dass die Entropie eines isolierten Systems im Laufe der Zeit tendenziell zunimmt. Die mathematische Darstellung der Entropie in der Thermodynamik erfolgt dabei durch folgende Gleichung (mit Wärmeänderung ΔQ und absoluter Temperatur T) :
Hierin wird folgender Zusammenhang ausgedrückt: Bei niedrigen Temperaturen erhöht sich der Unordnungsgrad bei Zufuhr von Wärme deutlich stärker als bei hohen Temperaturen. Streng genommen gilt dieser Zusammenhang allerdings nur für reversible Prozesse, daher der Index ‚rev‘.
Allgemein wird Entropie häufig als ‚Maß der Unordnung‘ betitelt, wobei eine exaktere Definition dem ‚Maß für mögliche Mikrozustände‘ eines Systems entspricht: Auf mikroskopischer Ebene kann die Entropie mithilfe der statistischen Mechanik erklärt werden. Sie ist proportional zur Anzahl der mikroskopischen Konfigurationen (bzw. Zustände), die ein System einnehmen kann. Ein System mit vielen möglichen Zuständen ist mit einer höheren Entropie ausgezeichnet als ein System mit weniger möglichen Konfigurationen (statistische Interpretation der Entropie).
Anders ausgedrückt:
Die Anzahl möglicher Mikrozustände eines Makrozustands wirkt als quantitatives Maß für den Unordnungsgrad des entsprechenden Zustands.
Die sogenannte Boltzmann-Formel ergibt sich dazu wie folgt:
Der hier integrierte Quotient lässt sich alternativ als Wahrscheinlichkeit des Auftretens eines Ereignisses W (in manchen Formelsammlungen auch mit Ω bezeichnet) zusammenfassen, womit die Formel übersichtlicher dargestellt werden kann:
Das Konzept der Entropie hat weitreichende Anwendungsmöglichkeiten in verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen. Innerhalb des Kontextes der Chemie beeinflusst es Reaktionsrichtungen, in der Biologie unter anderem den Energiestoffwechsel, in der Informationstechnologie die Datenkompression und in der Physik bzw. der physikalischen Chemie die Thermodynamik komplexer Systeme.
2. Enthalpie
Die Enthalpie, eine fundamentale Größe der Thermodynamik, spielt eine entscheidende Rolle bei der Beschreibung von Energieänderungen eines System. Enthalpie, symbolisiert durch den Buchstaben H, repräsentiert die Gesamtenergie eines Systems, einschließlich seiner inneren Energie U und des Druck-Volumen-Produkts. Dieser Zusammenhang wird durch folgende Formel ausgedrückt:
Experimentell wird die Enthalpie oft durch kalorimetrische Methoden gemessen, bei denen Wärmeaustausch unter konstantem Druck beobachtet wird.
Die Enthalpieänderung ΔH spielt eine zentrale Rolle in chemischen Reaktionen: Exotherme Reaktionen, bei denen Wärme freigesetzt wird, tragen negative ΔH-Werte, während endotherme Reaktionen, im Rahmen derer Wärme absorbiert wird, positive ΔH-Werte aufweisen. In biologischen Systemen spielt Enthalpie sowohl bei biochemischen Reaktionen als auch allgemein im Rahmen des Energiestoffwechsels eine bedeutende Rolle.
Die Reaktionsenthalpie ΔRH lässt sich aus den Bildungsenthalpien ΔBH der beteiligten Edukte und Produkte errechnen. Läuft die Reaktion unter Standardbedingungen ab, so berechnet sich die Standardreaktionsenthalpie ΔRH° aus den entsprechenden Standardbildungsenthalpien ΔBH°:
Enthalpie manifestiert sich in unterschiedlichen Phasenübergängen. Der Schmelz- und Siedepunkt eines Stoffes sind mit charakteristischen Enthalpiewerten verbunden, die eine tiefere Einsicht in die thermodynamischen Eigenschaften ermöglichen.
Schmelzenthalpie bezeichnet jene Menge an Energie, welche benötigt wird, um einen Stoff unter konstanten Druckbedingungen zu schmelzen, also von festem in flüssigen Aggregatzustand zu überführen. Die Schmelzenthalpie definiert sich dabei als Differenz der Enthalpie des flüssigen und des festen Stoffes.
Gitterenthalpie steht für jene Energiemenge, die bei konstantem Druck aufgebracht werden muss, um ein Kristallgitter zu destabilisieren und eine Überführung des relevanten Stoffes in die Gasphase zu bewirken. Die Gitterenergien von Ionenverbindungen wie Kochsalz, Metallen wie Eisen und kovalent gebundenen Polymeren wie Diamant sind aufgrund der intensiven elektrostatischen bzw. kovalenten Wechselwirkungen deutlich höher als jene von solchen Festkörpern, die aus neutralen Molekülen bestehen und primär über Dipol-Wechselwirkungen interagieren.
Die Gitterenthalpie wird dabei von der Größe der beteiligten Ionen (je größer die Ionen, desto geringer die Gitterenthalpie) und deren elektrischer Ladung (je größer die Ladungen, desto höher die Gitterenthalpie) beeinflusst. Aluminiumoxid (Dreifachladung des Aluminium-Kations) trägt damit beispielsweise eine ausgesprochen hohe Gitterenergie:
Solvatationsenthalpie beschreibt jene Energiemenge, welche freigesetzt wird, wenn sich Ionen in gasförmigem Zustand an ein Lösungsmittel oder ein Lösungsmittelgemisch anlagern. Handelt es sich bei dem Solvens um Wasser, nennt sich die entsprechende Enthalpie Hydratationsenthalpie.
Lösungsenthalpie beinhaltet sowohl das Lösen des Ionengitters in seine einzelnen Ionen-Bestandteile als auch die Solvatation dieser Ionen (das Gegenstück hierzu nennt sich Kristallisationsenthalpie). Die Lösungsenthalpie ergibt sich also als Summe von Solvatations- und Gitterenthalpie.
3. Freie Enthalpie
Der Zusammenhang zwischen Entropie und Enthalpie lässt sich mithilfe der freien Enthalpie ΔG, auch freie Gibbs-Enthalpie genannt, ausdrücken:
Während die Reaktionsenthalpie ΔRH Auskunft über Endothermie bzw. Exothermie einer Reaktion gibt, lässt sich mithilfe der freien Enthalpie ermitteln, ob die entsprechende Reaktion freiwillig bzw. spontan abläuft. Sowohl Entropie als auch Enthalpie beeinflussen damit die 'Spontanität' einer Reaktion.
G < 0: exergon (Reaktion läuft spontan ab.)
G = 0: Gleichgewicht
G > 0: endergon (Reaktion läuft nicht spontan ab.)
Je negativer bzw. positiver der Wert der freien Enthalpie, desto weiter liegt der Zustand vom Gleichgewicht der Reaktion entfernt.
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Literatur:
Atkins, W. P., Bolgar, P., De Paula, J., Keeler, J. J., Lloys, H., North, A., Oleinikovas, V., Smith, S. (2022). Physikalische Chemie. Weinheim: Wiley-VCH.
Bald, I., Bechmann, W. (2018). Einstieg in die Physikalische Chemie für Naturwissenschaftler. Berlin: Springer-Spektrum.
Janiak, C., Riedel, E. (2015). Anorganische Chemie. Berlin/Boston: DeGruyter.
Bildquellen: Eigene Darstellung, Vincent Krennerich