top of page

Elektrochemisches Potential


1. Elektrolyte


Chemische Verbindungen, die elektrischen Strom ionisch leiten können gehören zu den Elektrolyten. Zerfällt eine Verbindung in frei bewegliche Ionen, heißt dieser Vorgang ‚elektrolytische Dissoziation‘.


Elektrolyte lassen sich in echte und potentielle Varianten unterteilen: Setzt sich die Substanz bereits vor der Dissoziation aus Ionen zusammen, wie es vor allem bei Salzen der Fall ist, sprechen wir von echten Elektrolyten. Potentielle Elektrolyten, wie Säuren oder organische Basen, bilden dagegen erst durch Dissoziation bewegliche Ionen. Anders als bei metallischen Leitern, bei denen Elektronen den Stromtransport ermöglichen, sind die Träger des elektrischen Stroms sind im Falle der Elektrolyte die entsprechenden Ionen.


Um ein Ionengitter zu lösen und damit eine elektrolytische Dissoziation zu bedingen, sind Ion-Dipol-Wechselwirkungen notwendig, welche Wassermoleküle in einer inneren Hydrathülle des Ions binden. In wässriger Lösung werden die Ionen also hydratisiert. In der Konsequenz wird Energie in Form von Solvatationsenthalpie, in Bezug auf Wasser auch Hydratationsenthalpie genannt, frei. Ist die Hydratationsenthalpie größer als die Gitterenergie, ist der Lösungsvorgang exotherm.


Das Verhältnis dissoziierter Elektrolyteinheiten zur Gesamtanzahl der Elektrolyteinheiten bezeichnet man als Dissoziationsgrad. Starke Elektrolyte dissoziieren in Wasser (nahezu) vollständig, schwache Elektrolyte enthalten dagegen neben Ionen noch undissoziierte Moleküle. Da bei der elektrolytischen Dissoziation (ohne zusätzliche externe Zufuhr) die Anzahl der positiven Ladungen jener der negativen entspricht, gilt Elektroneutralität.



2. Elektrochemisches Potential


Um das elektrochemische Potential näher zu beleuchten, betrachten wir folgende Reaktion: Wird ein Zinkstab in Kupfersulfat-Lösung getaucht, ergibt sich eine Redoxreaktion. Die Gesamtreaktion setzt sich dabei aus einer Reduktion der Kupfer(II)-Ionen und einer Oxidation des Zinks zusammen.


Im Rahmen des Daniell-Elements (eine spezifische Form des galvanischen Elements), werden diese beiden Teilreaktionen voneinander getrennt: Ein Kupferstab und ein Zinkstab werden, getrennt durch ein Diaphragma, in Sulfatlösung getaucht. Der Elektronenfluss zwischen den beiden Metallstäben kann über einen äußeren Stromkreis mit Messgerät nachvollzogen werden. Das Element setzt sich also aus zwei Halbelementen mit je einem Metallstab und zugehöriger Sulfatlösung zusammen. Das Diaphragma ermöglicht einen Ionenaustausch, ohne dabei mechanische Vermischung der Lösungen zu erlauben.


Innerhalb des elektrischen Feldes wandern Kationen in Richtung der negativ geladenen Elektrode (Kathode), Anionen dagegen in Richtung der positiv geladenen Elektrode (Anode). Auf Anodenseite werden metallische Kationen in die Lösung gegeben. Dabei verbleiben die abgegebenen Elektronen in der Elektronenwolke des Stabs. Zwischen den Phasen entsteht also eine Potentialdifferenz (Näheres zu Grundlagen des chemischen Potentials in dem Beitrag 'Chemisches Potential').


Die Potentialdifferenz zwischen zwei Halbzellen entspricht der elektronenmotorischen Kraft EMK (auch als Gleichgewichtszellspannung bezeichnet). Die elektronenmotorische Kraft definiert sich damit als Differenz zwischen Kathoden- und Anodenpotential:





Als Bezugssystem für Einzelpotentiale dient eine Referenzelektrode: die Standardwasserstoffelektrode. Ein Vergleich mit der Standardwasserstoffelektrode ermöglicht eine nähere Charakterisierung der Stärke der Reduktions- bzw. Oxidationsmittel bezüglich des Systems. Die Standardpotentiale der Halbzellen werden in der sogenannten 'elektrochemischen Spannungsreihe' aufgelistet.


Einzelne Halbzellenpotentiale lässt sich dabei durch eine weitere Gleichung berechnen: Die Temperatur- und Konzentrationsabhängigkeit des Elektrodenpotentials wird durch die Nernst-Gleichung beschrieben:




  • E: Elektrodenpotential

  • E°: Standardelektrodenpotential

  • R: allgemeine Gaskonstante

  • T: absolute Temperatur

  • z: Äquivalenzzahl (Anzahl übertragener Elektronen)

  • F: Faraday-Konstante

  • a: Aktivität


Für eine Standardtemperatur von 25°C bzw. 298,15 K lässt sich die Nernst-Gleichung zusätzlich vereinfachen:





3. Redoxpotential in der Biologie


Elektronenübertragungsprozesse spielen in der Biologie eine essentielle Rolle: Bestimmte Substanzen, wie das Coenzym Nicotinamid-Adenin-Dinukleotid, fungieren dabei als Elektronenüberträger: Die oxidierte Form NAD+ ist imstande, zwei Elektronen gemeinsam mit einem Proton aufzunehmen. Die reduzierte Form NADH dient in zahlreichen Stoffwechselprozessen als Reduktionsmittel bzw. als energielieferndes Coenzym. Das Enzym Lactat-Dehydrogenase erfüllt seine Funktion beispielsweise nur unter Einbezug dieses Coenzyms (siehe hierzu den Beitrag 'Enzymfunktionen').




Je negativer das Redoxpotential, desto höher die Bereitschaft der Elektronenabgabe. Elektronen werden entsprechend auf jene Komponenten mit dem höheren Redoxpotential übertragen. Das Redoxpotential dieser Reaktion lässt sich (z.B. für verschiedene pH-Werte bzw. Aktivitäten) mithilfe der Nernst-Gleichung bestimmen.





3. Membranpotentiale


Nicht nur mithilfe von Elektroden, wie den Metallstäben der galvanischen Zelle, lassen sich Potentiale beobachten, sondern auch an der Grenzfläche zwischen verschiedenen Elektrolytlösungen. Diese Lösungen können sich entweder in ihrer Zusammensetzung oder in ihrer Konzentration unterscheiden. Durch Diffusion entsteht, abhängig von Konzentrationsgefälle und jeweiliger Ionenbeweglichkeit, ein Diffusionspotential.


Eine fundamentale Potentialbildung der Biologie findet sich an (biologischen) Membranen. An Nervenzellmembranen ergeben sich durch die Unterschiedlichen Ionenkonzentrationen außerhalb und innerhalb der Zelle derartige Membranpotentiale. Kalium-Ionen liegen innerhalb der Zelle etwa in 20-fach höherer Konzentration vor als außerhalb, für Natrium-Ionen gilt im Vergleich zum äußeren Bereich eine 10-fach höhere Konzentration innerhalb der Zelle. Elektrische Impulse können diese Konzentration verändern (siehe hierzu den ausführlichen Beitrag 'Aktionspotential').


Zu den wichtigsten chemischen Bestandteilen der Zellmembranen gehören Phospholipide, die sich aus unpolaren Kohlenstoff-Ketten und einer polaren Phosphatgruppe zusammensetzen. Die Zellmembran besteht aus einer zweilagigen Schicht, innerhalb derer sich die unpolaren Ketten der Phospholipide zusammenlagern: die Phospholipid-Doppelschicht. Ruhemembran- und Aktionspotential basieren auf spezifischen Proteinen, die es Ionen ermöglichen, diese Phospholipid-Doppelschicht zu durchqueren.



__


Literatur:


Bald, I., Bechmann, W. (2018). Einstieg in die Physikalische Chemie für Naturwissenschaftler. Berlin: Springer-Spektrum.


Janiak, C., Riedel, E. (2015). Anorganische Chemie. Berlin/Boston: DeGruyter.


Job, G., Rüffler, R. (2021). Physikalische Chemie. Berlin: Springer-Spektrum.


Klinke, R., Kurtz, A., Pape, H. C., Silbernagl, S. (2009). Physiologie. Stuttgart: Thieme.


Bildquellen: Eigene Darstellung, Vincent Krennerich

Comments


Commenting has been turned off.
bottom of page